Verfassungsbeschwerde gegen § 111a-StPO-Beschluss? Hohe Hürden, daher beim Landesverfassungsgericht NRW ohne Erfolg

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 10.05.2024
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|1348 Aufrufe

Der Beschwerdeführer war ein typischer Münsteraner, also betrunken auf dem E-Scooter unterwegs. Das Auto hatte er immerhin stehen lassen (Hinweis: Normalerweise spielen Münsteraner Trunkenheitsfahrten gerne auf Fahhrrädern!). Entsprechend der herrschenden Rechtsprechung (ich selbst sehe das jedenfalls bei nicht allzu hohen BAK-Werten etwas entspannter) entzog das AG Münster daher vorläufig die Fahrerlaubnis gem. § 111a StPO. Dem Münsteraner Beschwerdeführer gefiel das gar nicht. Doch auch das LG Münster als Beschwerdeinstanz hatte kein Mitleid. So musste das Landesverfassungsgericht, also der VerfGH ran.  Für die Richter*innen dort reichte aber schon die Begründung der Verfassungsbeschwerde nicht:

Die Verfassungsbeschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

 Mit der Entscheidung in der Hauptsache erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

 Gründe: 

 I.

 Die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Verfassungsbeschwerde betrifft die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis wegen des dringenden Verdachts einer Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter.

 Mit Beschluss vom 29. Dezember 2023 – 23 Gs 6402/23 – entzog des Amtsgericht Münster dem Beschwerdeführer wegen des Vorwurfs einer am 6. Oktober 2023 begangenen Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB vorläufig die Fahrerlaubnis gemäß § 111a StPO. Die dagegen von dem Beschwerdeführer erhobene Beschwerde, der das Amtsgericht nicht abhalf, verwarf das Landgericht Münster mit Beschluss vom 15. Februar 2024 – 3 Qs-62 Js 12651/23-4/24 – als unbegründet. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Es bestünden dringende Gründe für die Annahme, dass dem Beschwerdeführer die Fahrerlaubnis gemäß § 69 Abs. 1 Satz 1 StGB entzogen würde. Dieser sei einer die Regelvermutung des § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB begründenden fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr dringend verdächtig. Auf der Videoaufzeichnung der Überwachungskameras am Tatort sei zu erkennen, dass der Beschwerdeführer am 6. Oktober 2023 gegen 18.18 Uhr mit einem als Elektrokleinstfahrzeug im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 Elektrokleinstfahrzeugverordnung zu wertenden E-Scooter über die zum öffentlichen Verkehrsraum zählende Zu- und A. straße des Taxistandes am C-straße in N gefahren sei. Dabei sei er ausweislich der am Tattag um 19.45 Uhr entnommenen Blutprobe, die einen Blutalkoholgehalt von 2,48 Promille ergeben habe, absolut fahruntüchtig gewesen. Sein Vortrag, er habe im Bahnhof, kurz bevor er mit seinem E-Scooter endgültig zum Stehen gekommen sei, zwei Flaschen Jägermeister je 0,35 Liter „fast auf Ex“ getrunken, ändere daran nichts. Dieser Vortrag sei, sofern er dahingehend zu verstehen sei, dass der Konsum zeitlich nach der Fahrt auf dem C-straße stattgefunden habe, durch die Videoaufzeichnungen widerlegt, auf denen der Beschwerdeführer im fraglichen Zeitraum nahezu durchgängig zu sehen sei und nicht trinke. Sofern er dahin zu verstehen sei, dass der Konsum kurz zuvor erfolgt sei, stehe er der Annahme der absoluten Fahruntüchtigkeit nicht entgegen und gebiete keine Rückrechnung auf den Tatzeitpunkt, weil die alkoholische Beeinträchtigung in der Resorptionsphase mindestens ebenso stark sei wie nach Erreichen des Invasionsgipfels. Ein Absehen von der Regelwirkung des § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB sei nicht angezeigt. Umstände, die die Vermutung mangelnder Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zum Zeitpunkt der Tat widerlegten oder einen Eignungsmangel jedenfalls zum Zeitpunkt der Aburteilung ausschlössen, seien nicht ersichtlich. Solche ergäben sich weder aus dem Einwand des Beschwerdeführers, es sei keine Gefährdungslage eingetreten, noch aus von ihm vorgetragenen gesundheitlichen Aspekten. Es sei auch nicht erkennbar, inwieweit die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis den Beschwerdeführer als Schwerbehinderten diskriminieren könne. Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung finde gemäß § 69 Abs. 1 Satz 2 StGB nicht statt.

 Mit Schreiben vom 14. März 2024, das am selben Tag beim Verfassungsgerichtshof eingegangen ist, hat der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde gegen die Beschlüsse des Amts- und des Landgerichts erhoben und beantragt, die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis durch einstweilige Anordnung bis zum Abschluss des Verfassungsbeschwerdeverfahrens vorläufig aufzuheben. Er rügt, die angefochtenen Beschlüsse verletzten ihn in seinen Rechten aus Art. 4 Abs. 1 LV i. V. m. Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG und verstießen gegen das Willkür- und Diskriminierungsverbot gemäß Art. 4 Abs. 1 LV i. V. m. Art. 3 Abs. 1 und 3 GG. Sie verletzten zudem seine Rechte auf effektiven Rechtsschutz gemäß Art. 4 Abs. 1 LV i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG, auf rechtliches Gehör, Art. 4 Abs. 1 LV i. V. m. Art. 103 Abs. 1 GG, auf körperliche Unversehrtheit, Art. 4 Abs. 1 LV i. V. m. Art. 2 Abs. 2 GG und auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 4 Abs. 1 LV i. V. m. Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG.

 II.

 1. Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1, § 59 Abs. 2 Satz 1 VerfGHG durch die Kammer zurückgewiesen, weil sie mangels ordnungsgemäßer Begründung unzulässig ist.

 a) Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 i. V. m. § 55 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 VerfGHG bedarf die Verfassungsbeschwerde einer substantiierten Begründung, die sich nicht lediglich in der Nennung des verletzten Rechts und in der Bezeichnung der angegriffenen Maßnahme erschöpfen darf. Vielmehr muss die Begründung formale und inhaltliche Anforderungen erfüllen. Erforderlich ist in formaler Hinsicht ein Vortrag, der dem Verfassungsgerichtshof eine umfassende Sachprüfung ohne weitere Nachforschungen etwa durch Beiziehung von Akten des Ausgangsverfahrens ermöglicht. Hierzu muss der Beschwerdeführer den Sachverhalt, aus dem er die Grundrechtsverletzung ableitet, sowohl aus sich heraus verständlich als auch hinsichtlich der für die gerügte Grundrechtsverletzung erheblichen Umstände vollständig wiedergeben. Die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen sowie die weiteren in Bezug genommenen Schriftsätze und Rechtsschutzanträge müssen entweder selbst vorgelegt oder zumindest ihrem wesentlichen Inhalt nach mitgeteilt werden. Inhaltlich muss ein Beschwerdeführer für eine ordnungsgemäße Begründung substantiiert darlegen, dass die von ihm behauptete Verletzung eines Grundrechts oder grundrechtsgleichen Rechts möglich ist. In einer Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung muss er sich dafür hinreichend mit der Begründung der angefochtenen gerichtlichen Entscheidung und den für den behaupteten Grundrechtsverstoß geltenden verfassungsrechtlichen Maßstäben auseinandersetzen. Insoweit bedarf es einer ins Einzelne gehenden, argumentativen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung auf der Ebene des Verfassungsrechts am Maßstab der als verletzt gerügten grundrechtlichen Positionen (vgl. zum Ganzen VerfGH NRW, Beschluss vom 30. August 2022 – VerfGH 106/21.VB-1, juris, Rn. 11, m. w. N.). Aus dem Vortrag des Beschwerdeführers muss sich auch ergeben, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Verfassungsbeschwerde erfüllt sind (VerfGH NRW, Beschluss vom 16. Mai 2023 – VerfGH 21/23.VB-2, juris, Rn. 2, m. w. N.).

 b) Diesen Anforderungen genügt die Verfassungsbeschwerde nicht.

 aa) Soweit der Beschwerdeführer Verstöße gegen seine Rechte auf effektiven Rechtsschutz (Art. 4 Abs. 1 LV i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG) und auf körperliche Unversehrtheit (Art. 4 Abs. 1 LV i. V. m. Art. 2 Abs. 2 GG) mit den Umständen der Gewinnung seiner Blutprobe sowie Verstöße gegen sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 4 Abs. 1 LV i. V. m. Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) mit der Verwertung von Bildmaterial aus der Videoüberwachung begründet, ist bereits der zugrundeliegende Sachverhalt nicht hinreichend dargelegt. Abgesehen davon ist nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer seine diesbezüglichen Einwände – mit Ausnahme des Einwands der fehlenden richterlichen Anordnung der Blutprobe – bereits im fachgerichtlichen Verfahren geltend gemacht hat oder ihm dies unmöglich gewesen wäre. Das wäre aber darzulegen gewesen, weil die Verfassungsbeschwerde nach dem Grundsatz der Subsidiarität nur zulässig ist, wenn der Beschwerdeführer vor der Erhebung der Verfassungsbeschwerde alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergriffen hat, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung in dem unmittelbar mit ihr zusammenhängenden sachnächsten Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. dazu VerfGH NRW, Beschluss vom 23. März 2021 – VerfGH 23/21.VB-2, juris, Rn. 16 m. w. N.).

 Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Rechts auf effektiven Rechtsschutz damit begründet, dass die ihm entnommene und vom Landgericht verwertete Blutprobe nicht von einem Richter angeordnet worden ist, fehlt es an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit der Begründung der landgerichtlichen Entscheidung. Das Landgericht hat dazu ausgeführt, dass es gemäß § 81a Abs. 2 Satz 2 StPO – wegen des Verdachts einer Straftat nach § 316 StGB – keiner richterlichen Anordnung bedurfte. Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 des § 81a Abs. 2 StPO kommt es auf die Frage, ob der Untersuchungserfolg durch Verzögerung gefährdet würde, nicht an.

 Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang sowie zur Begründung einer Verletzung seines Rechts auf allgemeine Handlungsfreiheit, Art. 4 Abs. 1 LV i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG, meint, der Verdacht einer Trunkenheitsfahrt habe nicht vorgelegen, weil es sich bei dem Bahnhofsgelände um privates Gelände handele und die Kraftfahrzeugeigenschaft seines E-Scooters nicht erwiesen sei, fehlt es an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den ausführlichen Darlegungen des Landgerichts zur Einordnung der vom Beschwerdeführer gefahrenen Wege als öffentlicher Straßenverkehr im Sinne der §§ 315b ff. StGB und zur Kraftfahrzeugeigenschaft des gefahrenen E-Scooters auf Seiten 2 und 3 des angefochtenen Beschlusses. Die Ausführungen des Beschwerdeführers beschränken sich im Wesentlichen auf den Versuch, die Beweiswürdigung des Landgerichts durch eine eigene zu ersetzen. Das von ihm zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Mai 2014 – 6 C 4/13 –, das den Begriff der „Bahnanlage“ im Sinne des § 3 BPolG definiert, steht der Annahme des Landgerichts, die Zu- und A. straße des Taxistandes auf dem C-straße gehörten zum öffentlichen Straßenverkehr, nicht entgegen. Auch nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Bahnhofsvorplatz vielmehr ebenso wie der Platz vor dem Bahnhof eine sonstige Verkehrsfläche der jeweiligen Gemeinde (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2014 – 6 C 4/13, DVBl 2014, 1317 = juris, Rn. 15).

 bb) An einer hinreichenden Auseinandersetzung mit der Begründung der landgerichtlichen Entscheidung fehlt es auch, soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte auf effektiven Rechtsschutz gemäß Art. 4 Abs. 1 LV i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG und auf rechtliches Gehör, Art. 4 Abs. 1 LV i. V. m. Art. 103 Abs. 1 GG, damit begründet, dass das Landgericht die Möglichkeit des Nachtrunks im Bahnhofsgebäude ohne erkennbaren plausiblen Grund nahezu ausschließe und eine Rückrechnung ablehne bzw. sich mit der Möglichkeit eines Nachtrunks nicht befasst habe. Das Landgericht hat auf Seite 3 (am Ende) und Seite 4 seiner Entscheidung ausführlich begründet, warum der vom Beschwerdeführer behauptete Nachtrunk an der Feststellung absoluter Fahruntüchtigkeit nichts ändert und insbesondere eine Rückrechnung nicht erforderlich ist. Einen Anspruch auf ein bestimmtes Ergebnis richterlicher Entscheidungsfindung gewähren weder das Recht auf effektiven Rechtsschutz noch der Anspruch auf rechtliches Gehör (zum Anspruch auf rechtliches Gehör VerfGH NRW, Beschlüsse vom 28. März 2023 – VerfGH 41/22.VB-2, juris, Rn. 18, und vom 4. Juli 2023 – VerfGH 39/23.VB-3, juris, Rn. 11). Soweit der Beschwerdeführer den Ausführungen des Landgerichts inhaltlich entgegenhält, er habe möglicherweise nur 0,5 Liter oder etwas weniger getrunken, und sich auf mögliche Zeitdifferenzen der Videokameras untereinander beruft, hat der Beschwerdeführer schon nicht dargelegt, wie er sich im fachgerichtlichen Verfahren, auch durch den Inhalt seiner Beschwerdebegründung, zur Frage des von ihm geltend gemachten Nachtrunks im Einzelnen eingelassen hat. Von der Verfassungsbeschwerde nicht ausgeräumte Zweifel an der Wahrung des Subsidiaritätsgrundsatzes haben indessen zur Folge, dass die Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzungen der Verfassungsbeschwerde nicht festgestellt werden kann. Sollte die behauptete Verletzung des rechtlichen Gehörs darauf gestützt werden, dass der Vortrag des Beschwerdeführers überhaupt nicht zur Kenntnis genommen worden sei, steht dem entgegen, dass eine entsprechende und zumutbare Anhörungsrüge nicht erhoben und insoweit der Rechtsweg nicht erschöpft wurde.

 cc) Der Beschwerdeführer hat ferner nicht hinreichend dargelegt, dass sein Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 4 Abs. 1 LV i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG verletzt sein könnte, weil die Feststellungen des Landgerichts zu seiner Trunkenheitsfahrt die auf die Regelvermutung des § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB gestützte vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nicht rechtfertigten. Seinen Ausführungen ist insbesondere nicht zu entnehmen, dass der landgerichtliche Beschluss gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen könnte.

 Dass es am Ende dieses Beschlusses heißt, eine Verhältnismäßigkeitsprüfung finde gemäß § 69 Abs. 1 Satz 2 StGB nicht statt, bedeutet nicht, dass das Landgericht die Verhältnismäßigkeit nicht geprüft hat. Dieser Satz gibt lediglich zutreffend die gesetzliche Regelung des § 69 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 62 StGB wieder, nach der es neben der gemäß Satz 1 vorzunehmenden Prüfung, ob sich aus der Tat ergibt, dass der Beschuldigte zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist, für die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB keiner weiteren Prüfung der Verhältnismäßigkeit bedarf. In der Sache hat das Landgericht Fragen der Verhältnismäßigkeit im Rahmen der Prüfung erörtert, ob im vorliegenden Fall eine Ausnahme von der Regelvermutung des § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB geboten ist, wonach zum Führen von Kraftfahrzeugen in der Regel ungeeignet ist, wer eine Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB begeht. Ein Grundrechtsverstoß kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil das Landgericht das ihm in § 111a Abs. 1 Satz 1 StPO eingeräumte pflichtgemäße Ermessen nicht ausdrücklich ausgeübt hat. Denn bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift ist das Ermessen des Gerichts regelmäßig auf „Null“ reduziert (BVerfG, Beschluss vom 8. November 2017 – 2 BvR 2129/16, ZfSch 2018, 47 = juris, Rn. 19, m. w. N.).

 Dass die Auffassung des Landgerichts, es seien hier – auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Beschwerdeführers zum Fehlen einer Gefährdungslage und seines pauschalen Vortrags gesundheitlicher Aspekte – keine Umstände ersichtlich, welche ein Absehen von der Regelwirkung rechtfertigten, verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügen könnte, oder dass besondere Umstände vorliegen könnten, die geeignet gewesen wären, die Ermessensprüfung zu Gunsten des Beschwerdeführers ausfallen zu lassen und die das Landgericht bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 111a StPO nicht ohnehin erörtert hat (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 8. November 2017 – 2 BvR 2129/16, ZfSch 2018, 47 = juris, Rn. 19), hat der Beschwerdeführer nicht dargelegt. Welche Umstände er diesbezüglich im fachgerichtlichen Verfahren vorgetragen hat, ist mangels Vorlage oder hinreichender inhaltlicher Wiedergabe der Beschwerdeschrift nicht ersichtlich. Soweit der Beschwerdeführer sich in der Verfassungsbeschwerde auf Umstände beruft, die aus seiner Sicht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis entgegenstehen, ist schon nicht dargelegt, dass diese – dem Subsidiaritätsgrundsatz genügend – bereits im fachgerichtlichen Verfahren vorgetragen worden sind.

 dd) Ein Verstoß gegen das Willkürverbot gemäß Art. 4 Abs. 1 LV i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG ist danach erst recht nicht dargelegt. Willkür scheidet schon dann aus, wenn sich das Gericht mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jedes sachlichen Grundes entbehrt (VerfGH NRW, Beschluss vom 27. April 2021 – VerfGH 1/21.VB-1, juris, Rn. 6, m. w. N.). Eine Diskriminierung des Beschwerdeführers als Schwerbehinderter durch die angegriffenen Entscheidungen ist nicht ersichtlich.

 2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der auf eine vorläufige Regelung bis zur Entscheidung in der Hauptsache gerichtet ist, erledigt sich mit dem Beschluss über die Verfassungsbeschwerde.

VerfGH NRW Beschl. v. 9.4.2024 – VerfGH 34/24.VB-3, BeckRS 2024, 8273 

 

 

 

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